Der Fachmann staunt und die Laiin…

Hätte ich vor einigen Tagen Besuch von einem Mitarbeiter der IHK erhalten, sähe die Überschrift gediegener aus , und ich müßte mich nicht umständlich mit der Genderei beschäftigen. Also Korrektheit erarbeitet und beinahe den Humor verloren.

Eine nette Dame von der IHK besuchte unsere kleine Buchhandlung vor einigen Tagen, die flankierend unsere Aktion zur Leseförderung von Kindern begleitet hatte . In Kooperation mit dem örtlichen Bioladen, der ebenfalls einfallsreich und durchdacht die Kinder in die gesunde Ernährung eingeführt hatte, wollten wir den Kindern Alternativen zu den herkömmlichen Konsumgewohnten anbieten. Der gute Karsten und ich empfingen also die Dame , um eine Nachbetrachtung anzustellen. Wir standen vor unserem Schaufenster und parlierten über die Nischen und Chancen, die wir als Einzelhändler in unserem Ort wahrnehmen.

Ich zeigte ihr ein Demobrett , das groß und schön und gelbschwarz hinter der Schaufensterscheibe eine Schachstellung darstellte. Bevor ich ihr näher erklären konnte, dass ich alle 2 Wochen eine neue Diagrammstellung aufbaue, die jeweils ein MATT in 2 ZÜGEN verlangt, wedelte sie schon abwehrend mit ihren Händen, unterbrach mich und sagte:“ Also mit Schach hab ich absolut nix zu tun.Da hab ich überhaupt keine Ahnung.“

Kleine Unterbrechung: Ich mußte kurz einen Kunden bedienen und enteilte geschwind. Dann zurück, um das Gespräch fortzusetzen. Biohändler Karsten, ebenfalls Schachfreak und erfahrener Turnierspieler , war eifrig dabei, ihr die Lösung des Schachproblems in verständlicher Form aufzuzeigen. Ich staunte nicht schlecht, als er resumierte:“ Also Weiß zieht 1. Th5 und dann im nächsten Zug ist Schwarz matt. Ich grätschte möglichst taktvoll dazwischen:“ Das geht nicht, Schwarz nimmt einfach den Bauern g4 , und matt ist nicht zu sehen.“ „Ach so“, stimmt, „sagte er:“ ich muß den anderen Turm nehmen, dann…“ Ich unterbrach: „ Nein, das geht auch nicht!“ Die nette Dame von der IHK lehnte sich etwas vor und sagte:“ Turm g7 ! „.

Einige Tage später per Telefon fragte ich nach, ob sie uns auf den Arm genommen hätte, ob sie nicht doch eine geübte Schachspielerin sei. Sie verneinte. So bin ich genötigt , sie als LAIIN in die Überschrift zu setzen.

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Das Langweiligste Buch Der Welt

Alles , was Sie für einen erholsamen Schlaf niemals wissen müssen

(Autor: Professor K.Mc CoyDr.Hardwick , aus dem Englischen von Thorsten Schmidt)

Dieses Buch fiel mir in die Hände und ich blätterte das offensichtlich humorige Werk ein wenig durch, nichtahnend, dass sich darin eine Schachgeschichte befand. Nach skurrilen, sehr lesenswerten Artikeln („ Wie viele Erbsen enthält eine Schote“oder „Farben von Ziegelsteinen in Großbritannien“) stieß ich plötzlich auf eine Schachmine: „Die längste Schachturnierpartie , die je gespielt wurde“.Sie wurde 1989 in Belgrad gespielt zwischen Ivan Nikolic und Goran Arovic und hatte 269 Züge. Nun gut:

Ich begann zu lesen: „ Nikolic eröffnete die Partie , indem er einen Bauern nach d4 bewegte.Arsovic zog daraufhin einen Springer nach f6. Nikolic bewegte einen weiteren Bauern , diesmal nach c4, während Arsovic seinerseits einen Bauern nach g6 zog.Nikolic bewegte einen Springer nach c3, und Arsovic bewegte einen Springer nach g7.“Hoppla, hier fianchettiert in kurzem Sprung der Springer . Kann passieren….(Übersetzungsfehler)

(209) Nikolic,Ivan (2215) – Arsovic,Goran [E95]

Belgrade Belgrade, 17.02.1989

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 „Arsovic führte daraufhin spannenderweise eine Rochade aus „0–06.Le2 Sbd7 7.0–0 e5 8.Te1 Te8 9.Lf1 h6 10.d5 Sh7 11.Tb1 f5 „Die beiden Spieler hatten jetzt ihren zwölften und dreizehnten Zug erreicht, bei denen zunächst Bauern nach d2 (!) beziehungsweise f4 und dann nach b4 und g5 gezogen wurden. 12.Sd2 f4 13.b4 g5 Nikolic wandte sich dann seinem Springer zu, den er nach b3 bewegte und Arsovic bewegte einen Läufer nach e2, und Arsovic bewegte einen Springer von. d nach f6 14.Sb3 Lf8 15.Le2 Sdf6

Zwei weitere Bauern wurden nach c5 und g4 gezogen. 16.c5 g4 .“jetzt wurde das Spiel mit einem Mal spannend, als die Spieler Bauern tauschten: Nikolic schlug den Bauern auf d6 (von c) worauf Arsovic mit einem Bauern von c nach demselben Feld zog.17.cxd6 cxd6 (Diagramm)

18.a3 Sg519.Lf1 Te7 „Dann folgte der erste Damenzug der Partie , wobei Nikolic seine Dame nach d3 bewegte , während Arsovic mit einer Rochade (!) nach g7 (!) antwortete.In diesem unfassbaren Gestammel geht es weiter.

Vielleicht hat der Übersetzer zwischenzeitlich erkannt, dass es kein gutes Ende nehmen kann. Wir kommen erschöpft ins vorzeitige Ende:Tg7 21.Kh1 De8 22.Sd2 g3 23.fxg3 fxg3 24.Dxg3 Sh3 25.Df3 Dg6 26.Sc4 Ld7 27.Ld3 Sg5 28.Lxg5 Dxg5 29.Se3 Te8 30.Se2 Le7 31.Tbd1 Tf8 32.Sf5 Sg4 33.Seg3 h5 34.Kg1 h4„Wir haben den 34.Zug erreicht: Nikolic zog den König nach g1, während Arsovic denselben Bauern um ein weiteresFeld nach h4 zog. Dann tauschten die Spieler Figuren aus , als jeder auf g4 zog , und die Partie ging ihren Gang.“35.Dxg4 Dxg4 . ENDE

Da macht sich der Autor (Übersetzer) aus dem Staube… Der Rest der Partie ist genau so spannend wie die Ouverture und also überhaupt nicht langweilig!. Leider ist die Geschichte in das ansonsten gelungene Werk geraten. Das hat Caissa nicht verdient!

Der Rest der Partie sei hier ehrenhalber ergänzt:

36.Sh6+ Kh7 37.Sxg4 hxg3 38.Se3 gxh2+ 39.Kxh2 Th8 40.Th1 Kg6+ 41.Kg1 Tc8 42.Le2 Tc3 43.Td3 Tc1+ 44.Sf1 Ld8 45.Th8 Lb6+ 46.Kh2 Th7+ 47.Txh7 Kxh7 48.Sd2 Lg1+ 49.Kh1 Ld4+ 50.Sf1 Lg4 51.Lxg4 Txf1+ 52.Kh2 Lg1+ 53.Kh3 Te1 54.Lf5+ Kh6 55.Kg4 Te3 56.Td1 Lh2 57.Th1 Tg3+ 58.Kh4 Txg2 59.Kh3 Tg3+ 60.Kxh2 Txa3 61.Tg1 Ta6 62.Tg6+ Kh5 63.Kg3 Tb6 64.Tg7 Txb4 65.Lc8 a5 66.Lxb7 a4 67.Lc6 a3 68.Ta7 Tb3+ 69.Kf2 Kg5 70.Ke2 Kf4 71.Ta4 Th3 72.Kd2 a2 73.Lb5 Th1 74.Txa2 Th2+ 75.Le2 Kxe4 76.Ta5 Kd4 77.Ke1 Th1+ 78.Kf2 Tc1 79.Lg4 Tc2+ 80.Ke1 e4 81.Le6 Ke5 82.Lg8 Tc8 83.Lf7 Tc7 84.Le6 Tc2 85.Ta8 Tb2 86.Ta6 Tg2 87.Kd1 Tb2 88.Ta5 Tg2 89.Ld7 Th2 90.Lc6 Kf4 91.Ta8 e3 92.Te8 Kf3 93.Tf8+ Ke4 94.Tf6 Kd3 95.Lb5+ Kd4 96.Tf5 Th1+ 97.Ke2 Th2+ 98.Kd1 Th1+ 99.Kc2 Th2+ 100.Kc1 Th1+ 101.Kc2 Th2+ 102.Kd1 Th1+ 103.Ke2 Th2+ 104.Kf1 Tb2 105.Le2 Ke4 106.Th5 Tb1+ 107.Kg2 Tb2 108.Th4+ Kxd5 109.Kf3 Kc5 110.Kxe3 Tb3+ 111.Ld3 d5 112.Th8 Ta3 113.Te8 Kd6 114.Kd4 Ta4+ 115.Kc3 Ta3+ 116.Kd4 Ta4+ 117.Ke3 Ta3 118.Th8 Ke5 119.Th5+ Kd6 120.Tg5 Tb3 121.Kd2 Tb8 122.Lf1 Te8 123.Kd3 Te5 124.Tg8 Th5 125.Lg2 Kc5 126.Tf8 Th6 127.Lf3 Td6 128.Te8 Tc6 129.Ta8 Tb6 130.Td8 Td6 131.Tf8 Ta6 132.Tf5 Td6 133.Kc3 Td8 134.Tg5 Td6 135.Th5 Td8 136.Tf5 Td6 137.Tf8 Ta6 138.Te8 Tc6 139.Ta8 Tb6 140.Ta5+ Tb5 141.Ta1 Tb8 142.Td1 Td8 143.Td2 Td7 144.Lg2 Td8 145.Kd3 Ta8 146.Ke3 Te8+ 147.Kd3 Ta8 148.Kc3 Td8 149.Lf3 Td7 150.Kd3 Ta7 151.Lg2 Ta8 152.Tc2+ Kd6 153.Tc3 Ta2 154.Lf3 Ta8 155.Tb3 Ta5 156.Ke3 Ke5 157.Td3 Tb5 158.Kd2 Tc5 159.Lg2 Ta5 160.Lf3 Tc5 161.Ld1 Tc8 162.Lb3 Tc5 163.Th3 Kf4 164.Kd3 Ke5 165.Th5+ Kf4 166.Kd4 Tb5 167.Lxd5 Tb4+ 168.Lc4 Ta4 169.Th7 Kg5 170.Tf7 Kg6 171.Tf1 Kg5 172.Kc5 Ta5+ 173.Kc6 Ta4 174.Ld5 Tf4 175.Te1 Tf6+ 176.Kc5 Tf5 177.Kd4 Kf6 178.Te6+ Kg5 179.Le4 Tf6 180.Te8 Kf4 181.Th8 Td6+ 182.Ld5 Tf6 183.Th1 Kf5 184.Le4+ Ke6 185.Ta1 Kd6 186.Ta5 Te6 187.Lf5 Te1 188.Ta6+ Ke7 189.Le4 Tc1 190.Ke5 Tc5+ 191.Ld5 Tc7 192.Tg6 Td7 193.Th6 Kd8 194.Le6 Td2 195.Th7 Ke8 196.Kf6 Kd8 197.Ke5 Td1 198.Ld5 Ke8 199.Kd6 Kf8 200.Tf7+ Ke8 201.Tg7 Tf1 202.Tg8+ Tf8 203.Tg7 Tf6+ 204.Le6 Tf2 205.Ld5 Tf6+ 206.Ke5 Tf1 207.Kd6 Tf6+ 208.Le6 Tf2 209.Ta7 Kf8 210.Tc7 Td2+ 211.Ke5 Ke8 212.Kf6 Tf2+ 213.Lf5 Td2 214.Tc1 Td6+ 215.Le6 Td2 216.Th1 Kd8 217.Th7 Td1 218.Tg7 Td2 219.Tg8+ Kc7 220.Tc8+ Kb6 221.Ke5 Kb7 222.Tc3 Kb6 223.Ld5 Th2 224.Kd6 Th6+ 225.Le6 Th5 226.Ta3 Ta5 227.Tg3 Th5 228.Tg2 Ka5 229.Tg3 Kb6 230.Tg4 Tb5 231.Ld5 Tc5 232.Tg8 Tc2 233.Tb8+ Ka5 234.Lb3 Tc3 235.Kd5 Tc7 236.Kd4 Td7+ 237.Ld5 Te7 238.Tb2 Te8 239.Tb7 Ka6 240.Tb1 Ka5 241.Lc4 Td8+ 242.Kc3 Th8 243.Tb5+ Ka4 244.Tb6 Th3+ 245.Ld3 Th5 246.Te6 Tg5 247.Th6 Tc5+ 248.Lc4 Tg5 249.Ta6+ Ta5 250.Th6 Tg5 251.Th4 Ka5 252.Th2 Tg3+ 253.Kd4 Tg5 254.Ld5 Ka4 255.Kc5 Tg3 256.Ta2+ Ta3 257.Tb2 Tg3 258.Th2 Tc3+ 259.Lc4 Tg3 260.Tb2 Tg5+ 261.Ld5 Tg3 262.Th2 Tc3+ 263.Lc4 Tg3 264.Th8 Ka3 265.Ta8+ Kb2 266.Ta2+ Kb1 267.Tf2 Kc1 268.Kd4 Kd1 269.Ld3 Tg7

½–½

ps: Ich habe sowohl die korrekte Notation als auch die Diagramme via Chessbase eingeflochten, um überhaupt das Nachspielen der Partie möglich zu machen…

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Fernschach als Abstandshalter

F E R N S C H A C H

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Rettung lauert überall – Bullet Schach

Schach im Netz erfreut sich großer Beliebtheit, auch eine positive Auswirkung der Pandemie. Die Schachfreaks, die sich in ihrer Randsportecke schon seit vielen Jahren eingerichtet hatten, erleben eine Euphorie , die sich allerdings hauptsächlich in den Medien abspielt. Der gemeine Schächer hat sein Spiellokal schon lange nicht mehr von Innen gesehen , abgesehen von einigen ambititionierten Versuchen der Vereinsorganisatoren, entsprechende Schutzvorkehrungen zu installieren.Natürlich ist Onlineschach eine attraktive Alternative, die keiner missen möchte. Doch wie jeder weiß, ist die Gefahr des Cheatens allgegenwärtig , Fluch und Segen der übermächtigen Maschinen.

Wenn ein Gegner mit schwacher DWZ mit gutem Spiel gegen mich gewonnen hat…Wenn ich überraschend gewinne und dazu noch mit einer herzerfrischenden Kombination, die auch ein Amateur schon mal hinkriegt, ja dann…Vertrauensvorschuß ist ausverkauft!Also bleibt – für mich – nur das vermaledeite Bullet-Schach mit 1 Min Laufzeit , um sicher zu gehen, dass wohl jeder Cheater letztlich durch Zeit verlieren würde. Natürlich sind die Partien kaum mit normalen Turnierpartien vergleichbar – und das ist gut so.

In zigtausend Partien habe ich sowohl skurrile Eröffnungen, wie auch ebenso skurrile Kommentare von Kombattanten erlebt. Die erste Lektion , die man erlernen sollte, ist wohl Grundvoraussetzung, um dieser „Sportart“ treu zu bleiben. Sie lautet: Sei nicht beleidigt, wenn du beleidigt wirst:“(Bravo Engine!“ – „Antischach!“ „Lagger“ – „Run away chicken“„Looser“ (noch keiner hat es orthografisch präzisieren können).

Das ist der Preis, wenn du mit „Glück“ gewonnen hast. Ich schweige dezent

Wer permanent ein Rematch verlangt, bis er endlich mal eine Partie gewonnen hat, der verdient, ebenfalls ignoriert zu werden.

Viel schöner sind Kommentare, die zu Herzen gehen.“Bitte kein rematch verlangen, ich möchte erst meine Partie analysieren!“ oder:“Danke vielen Senior für Schach mat mit respekt“.Leider gibt es viele Spieler, die ihren Namen und auch ihre Herkunft nicht veröffentlichen. So rätsel ich manchmal, wer so nette Sätze schreibt.

Nach des Tages Last und Müh ist Bullet auch eine Mülldeponie, wo man seinen (Seelen)-Müll abladen kann. Ein paar „glückliche“ Siege gegen vermeintlich Stärkere , eine geglückte Flucht mit dem nackten König im Zickzack durch die Felder, allen Schüssen (Bullets) ausweichend, ins Remis gerettet durch Zeitüberschreitung des Jägers oder durch Patt, das baut auf, das ärgert den Gegner, das tut gut.

Hier ein Beispiel, in dem der „Jäger“ seinem Ärger nicht Luft macht, sondern – wie ein Gentleman- schweigt .

Wer sich für die Droge Bullet Schach interessiert und Urlaub vom „normalen“ Schach nehmen möchte, dem empfehle ich das unterhaltsame Buch von Hikaru Nakamura and Bruce Harper „Bullet Chess“ One Minute to Mate

Wer meine DWZ runterprügeln möchte , kann mich gerne herausfordern.Bei schach.de Künstlername : habäidä . Für jüngere Eleven: Der Name ist eine Verbeugung vor Vlastimil Hort, der in den Sendungen mit Helmut Pfleger gern kommentierte ( Habe Idee!)

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Hängepartie

Ich brauch keinen Scherong , das Turmendspiel ist klar gewonnen.“

Mit dieser schroffen Reaktion watschte unser Spitzenmann den Spieler (Brett 7) ab, der seine Hängepartie vom Vereinsmeister analysieren ließ und sich dazu hinreißen ließ, darauf hinzuweisen, dass er den Cheron in seinem Schachbuchbestand habe, der damals – wir sind in den 80 er Jahren – die Endspielbibel schlechthin war.

Der Mannschaftskampf endete vorübergehend mit 3,5 : 3,5 und nun – nachdem die Partie von Neumann (Name geändert) nach 40 Zügen abgebrochen wurde und eine Woche später fortgesetzt werden sollte. Sein Abgabezug wurde vom Meister nur leicht getadelt („ Na ja , immerhin macht er nix kapputt“). Ein kompliziertes Turmendspiel blieb als Rest, das unbedingt gewonnen werden mußte, um die Aufstiegschancen zu wahren.

Der Meister diskutierte mit 2 Mannschaftskollegen (Brett 2 und 3), die zum engeren Kreis gehörten, jedoch nur wenig von ihrem Mitspracherecht Gebrauch machten. Neumann stand neugierig und erschöpft in gebührendem Abstand und lauschte den Ausführungen desMeisters, die er zu verstehen suchte. Zwischenzeitlich drehte der Zampano sich ruckartig zu ihm um , hob drohend den rechten Zeigefinger und ermahnte ihn:“ Und auf jeden Fall, bleib im Quadrat! Kein Turmtausch, bleib ganz ruhig.Du stehst positionell auf Gewinn!“ Die Sekundanten nickten beifällig , fixierten den Lernenden und fingerten illustrierend übers Brett. Plötzlich erschien Schachfreund Schuster (Name der Redaktion bekannt) aus dem hinteren Feld und mischte sich ein (Bierflasche in der Hand):“ Turmtausch gewinnt sofort, Neumann kann durch einen Dreiecksmarsch die Opposition gewinnen, und der Fisch ist geputzt. Ohne Turmtausch kann er nicht gewinnen.“ „Unsinn!“ brüllte der Meister, der nun aufsprang und seinen Stuhl nach hinten stieß. „ Ihr habt wirklich keine Ahnung. Ich habe schon in der NRW – Liga gespielt und war auch dort sehr angesehen als Endspielspezialist. Schuster bleib bei Deinen Leisten. Wo spielen Sie nochmal? Bezirksklasse oder Kreisklasse?“

Unruhe kam auf. Auch andere Spieler mischten sich ein. Es kam zu einem heftigen Streit zwischen den „Königstreuen“ und dem Patzervolk.

Neumann war völlig verwirrt und ging ratlos und benommen nach Hause. Er verbrachte die Abende bis zur Wiederaufnahme der Partie an seinem Analysebrett, nahm auch den Cheron zur Hand, suchte krampfhaft nach ähnlichen Stellungen, wurde nicht fündig – und verließ sich letztlich auf sein Schachverständnis und sein Positionsgefühl.

Die ganze Woche nagte an ihm, er schlief schlecht, war gereizt – und sehnte sich nach dem Abschluß der ganzen Geschichte.

Hängepartie

Sein Gegner begrüßte ihn freundlich, die Umschläge wurden vom Turnierleiter geöffnet und kontrolliert. Die Uhr des Gegners wurde in Gang gesetzt. Neumann holte sich einen frischen Kaffee von der Theke und ging entschlossen zu seinem Tisch. Er vergewisserte sich, dass er genügend Proviant in seinem Rucksack eingepackt hatte: Ritter Sport Nuss, 2 Bananen , 1 Würfel Dextro Energen (für alle Fälle) und 2 Wurstbrote in der Metalldose.

Sein Gegner dachte immer noch nach, war vielleicht von Neumanns Abgabezug überrascht – oder tat er nur so? Schach ist Poker, ist auch manchmal Bluff . Neumann hatte den Abgabezug auf seine Art gemacht: Er hatte das Partieformular in der Mitte gefaltet , seinen Stift genommen und sich umgeschaut, ob denn die Umstehenden auch die vorgeschriebene Diskretion einhalten und sich wegdrehen. Dann schrieb er Ta5 , das heißt er hatte das T nur fingiert, nur als Luftlinie einen Strich nach unten und dann den oberen Balken hinzugefügt. In Wirklichkeit hatte er einen Bauernzug eingetragen in der Hoffnung, dass irgendein Schlaumeier ihn doch aus dem Augenwinkel beobachtet hatte.

Sein Gegner zog nun endlich, bot den Turmtausch an und – bot gleichzeitig Remis an!

Neumann —- —– nahm an.

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Gartenschach

Einmal im Jahr ist Gartenturnier in meinem Heimatverein (Uedemer Schachklub), wo sich diesmal auch wieder ca 30 Schachfreaks einfanden. Zu meiner Freude traf ich dort auch wieder den Ex – Vereinskameraden Stefan R. In der 8.Runde trafen wir dann tatsächlich auch sportlich aufeinander. „Das muß festgehalten werden“ tönten wir unisono und baten einen Sportkameraden, der in der Nähe war, diesen „historischen Augenblick“ fotografisch festzuhalten. Ich reichte ihm mein Smartphone. Er setzte seinen mehrfach benutzten Bierkrug ab und hantierte mit dem Gerät. Stefan und ich schüttelten einander längere Zeit die Hände – wie bei Staatsbesuchen – und warteten lächelnd auf den Schuß. Klack ! „Na hat doch geklappt“ Wir bedanken uns herzlich .Prost!

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Warum ich die Englische Eröffnung fürchte


 Ich gehöre zu den Schachsenioren, die
im Laufe ihrer fast 50 jährigen Karriere eine Unmenge an
Schachbüchern und natürlich auch CDs und DVDs angestapelt hat.
Schwerpunkt Eröffnungen.Als Adoleszent immer auf dem Sprung eine
vorbereitete Eröffnungsfalle (Snosko – Borowski) auszupacken,
später – gereift (?) ein solides Programm zu lernen, um die
Anfangsphase ohne größere Positionsmängel zu überstehen.
Quantitativ bin ich Virtuose, habe fast alles ausprobiert und bin 
immer noch auf der Suche nach meinem ultimativen Eröffnungsprogramm.
 Was ich allerdings nie in Erwägung gezogen habe, ist die ENGLISCHE
Eröffnung, die ich beidfarbig zutiefst verabscheue.

Alle Versuche (als Schwarzer) abzutauchen in einen Altinder oder auch in nebulöse Holländisch – Variationen scheiterten immer wieder an ungenügendem Positionsverständnis, während meine Gegner leichtfüßig ihr Programm abspulten. Ob Turnierpartie, Blitz, Fernpartie oder Bullet, ob Einzelmeisterschaft oder Mannschaftskämpfe …Achillesferse gerissen.

Vor einigen Jahren erfuhr ich den wahren Hintergrund für diese traumatische Behinderung:

Als Buchhändler in einer kleinen Gemeinde, der nebenbei auch Kulturveranstaltungen in seinem Laden organisiert, hatte ich 2017 den Kabarettisten MARCO TSCHIRPKE zu einer musikalischen Lesung überreden können („Frühling,Sommer,Herbst und Günther“). Die Gäste und auch ich waren von seinem Wortwitz und seinen humoristischen Pianoeinlagen restlos begeistert und der vortreffliche Wein rundete das offizielle Programm angemessen ab.

Nun hatte der Künstler beim Apres – Kartoffelsalatessen ein Bild an der Wand entdeckt, das den Schachneurotiker darstellt. Angenehmes Geplauder über Schach und Kunst und Wahnsinn und Genie und weißderteufel , wer kann sich noch erinnern? Tschirpke jedenfalls wollte unbedingt eine Partie mit mir spielen („mit einem richtigen Schachspieler“!) Wir bewegten uns in mein „Schachzimmer“, wo ein antiker Schachtisch – allzeit bereit – stand. Wir saßen uns in bequemen Clubsesseln gegenüber , wie ich es nur aus alten Schwarz-Weiß – Filmen kenne. Es fehlte lediglich der Kamin und Tabakdunst… Wir spielten 2 Partien und parlierten über die wichtigen Dinge des Lebens und lachten entsprechend…Fazit: Er spielte recht gut, jedenfalls besser als ich am Klavier.

Nun kommen wir zum eigentlichen Thema.

Tschirpke schob leise die Figuren ineinander und stellte plötzlich eine glasklare Frage:“ Kennen Sie eigentlich die ENGLISCHE ERÖFFNUNG ?“Oh, ich erschrak. „ Ja, ein wenig , spiele sie allerdings nie!!Da stand er auf einmal auf , nahm Haltung an und sprach:

 ENGLISCHE ERÖFFNUNG

 An einem Juninebeltag
 Sind über die Atlantikwogen
 Bei sanftem Wind und Wellenschlag
 mit Kurs Quebec dahingezogen
 Drei gut französische Fregatten,
 Die ihr Geschwader verloren hatten.

 Dann teilt die Trübe sich.Es bricht
 Der Nebel auf wie in zwei Wände.
 Es öffnet strahlend sich die Sicht
 Aufs ozeanische Gelände.
 Und plötzlich liegt ganz klar und nah
 Die ganze englische Flotte da.

 Nun ja, man trifft sich nicht nur gern.
 Denn George und Louis zeigen gleiche
 Besitzbegier nach jenem fern
 und nahen Vizekönigreiche.
 Man grüßt knapp nach den Anstandsregeln  
 Und will ansonst vorübersegeln.

 Da – Linienschiff für Linienschiff
 Dreht bei und zeigt die breite Seite,
 Als ob ein Artillerieangriff
 Im Todesernst sich vorbereite.
 Der Kapitän von der „Alcide“
 Er denkt: Ich denke, es herrscht Friede.

 Doch ist es wahr: geraume Zeit
 Sind wir auf See, fast vierzehn Wochen,
 Am Ende ist Feindseligkeit
 Zu Haus inzwischen ausgebrochen.
 Er greift zum Sprachrohr: Haben wir
 Krieg oder Frieden, Kavalier?

 Dort, achtern auf der „Dunkirk“,steht
 Der Kapitän auf seinem Flecke,
 Schreit:Frieden, Frieden, Sir! Und dreht
 den Trichter zum Kanonendecke
 und fügt in echt altenglischer Ruh
 Das Kommando: Feuer! Hinzu.

 Der Krieg, der siebenjährige,
 so ging er an, von diesem Platze.
 Und jeglicher seitherige
 Eröffnet mit demselben Satze.
 Man lädt. Und einer brüllt vom Steuer:
 Frieden, Frieden – Feuer! 
 
 
 
 (Ergänzung: Fand statt im Juni 1755.
Die drei französischen Kauffahrer hießen die „Alcide“,
 die „Lys“ und die „Royal Dauphin“)
 
 zitiert aus: Peter Hacks „Hundert Gedichte“ -
 Eulenspiegel Verlag  
 
 
 
 
 
 
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Schachbrettfalter

Der Schachbrettfalter gehört zu einer ein besonders schützenswerten Art .So ging es heute durch die Medien. Doch ist er tatsächlich noch gefragt? Mir scheint, das Berufungssterben hat schon bald den erfahrenen Schachbrettfalter erreicht.

Schaut man sich in den einzelnen Vereinen um, sieht man fast nur noch faltenlose Bretter . Nur noch wenige tiefklassige Recken frönen noch dem Spielbrett, das nicht nur zwei Grundreihen hat, sondern auch eine Mittellinie, die durch eine Falz kenntlich gemacht ist.

Es bleibt die große Sorgen , dass diese Schachbretter vom Turniergeschehen völlig verschwinden, wie auch in absehbarer Zeit die mechanischen Uhren. Ganz zu schweigen von den Partieheften, die betagte Spieler früher zum Eintragen ihrer Glanzpartien in der Glasvitrine ihres Studierzimmers aufbewahrten.

Auch die Kiebitze werden immer seltener . Hängen häufig nur noch im Netz herum …

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Stundenlang sitzt man sich gegenüber

und schweigt sich an. Lediglich das mechanische Bewegen von Holzfiguren und das schriftliche Protokollieren derselben bilden eine kommunikative Brücke.Ein wildfremder Mann mittleren Alters, den ich bislang nie gesehen habe ,hockt wie ich am 8.Brett des Mannschaftskampfs. Die erste Frage , die sich mir stellt:“ Ist er ein Schwächling oder etwa ein „Joker“ , der nur in wichtigen Kämpfen eingesetzt wird, um einen sicheren Punkt einzufahren? Ein flotter Blick auf die Spielberichtskarte unseres Mannschaftsführers nimmt mir deutlich diese Sorge. Er ist wohl meine Kragenbreite…

Nach einem geräuschlosen Shakehands , ohne das handelsübliche „Wünsche eine schöne Partie“ kann das Abenteuer beginnen.

Da ich vor jeder Partie unangemessen nervös bin, zudem noch auf der Fahrt zum Spiellokal durch eine Baustellenumleitung in eine ungewohnte Prärielandschaft gezwungen wurde und dadurch fast zu spät eingetroffen wäre, versuche ich erstmal wieder zur Ruhe zu kommen. Mein Widerpart ist die Ruhe in Person. Er schreibt fein säuberlich die notwendigen Infos aufs Partieformular, schaut auf die Uhr, um das exakte Datum zu notieren und legt dann seinen Stift akkurat zur Seite. Ich vermute, dass der Opponent ein penibler Beamter ist, der sehr stark von Vorschriften geleitet wird. Kaum vorstellbar, dass der ein Gambit spielt, vielleicht mit leichter Überwindung das Damengambit…

Die Sorgfalt und Bedächtigkeit des Spielpartners läßt auch mich allmählich entspannen, zumal die Zugfolge in meinem vertrauten Schottisch einen angenehmen Auftakt darstellt. Wenn ich in „meine“ Lieblingseröffnungssysteme gelange, dann empfinde ich angenehme Heimatgefühle, in denen ich mich zuhause fühle am warmen Ofen sitzend mit Blick auf gesunde (Varianten-) Bäume.

Da ich nicht nur die Holzaktionen auf dem Brett verfolge, sondern auch den Gegner zwischenzeitlich ins Visier nehme, entgeht mir auch nicht, dass er nach seinem Zug immer wieder mal die Augen schließt. Kaum habe ich geantwortet, ist er wieder auf Sendung und betrachtet sorgfältig die neu entstandene Sachlage. Ich bin leicht irritiert, dass er selbst in verschärfter Krisensituation noch die Ruhe findet und die Augen schließt. Ich zittere innerlich, da ich wieder mal mit den Zündhölzern gespielt habe und leichte Panik aufkommt, ich könne selbst in den Flammen umkommen. Meinen nächsten Zug setze ich etwas fester aufs Brett, um eine Art Wirkungstreffer zu setzen. Die Zeit der Meditation und der Versenkung ist jetzt doch wohl vorbei, denke ich… Er taucht auf und beugt sich vor , und zum ersten mal sehe ich so etwas wie Anspannung oder gar Furcht!?

Seine Körperspannung ist auf einmal spürbar. Schließlich nach Abwägen aller Möglichkeiten macht er einen Zug, notiert diesen wie gewohnt in kalligraphischer Manier und schließt die Augen.

Jetzt heißt es den Knockout anzusetzen. Ein Turmopfer – bislang nur schemenhaft angedacht – scheint nun tatsächlich die Entscheidung zu bringen. Ein Blick zur Uhr: Ich habe noch 20 Minuten für 11 Züge, also lieber noch mal in Ruhe nachdenken. Mein meditativer Beamter , hoppla – hat nur noch 5 Minuten. Und nun. Ich höre wohl nicht recht. Doch. Ich höre richtig. Mein Gegner schnarcht. Er schnarcht so laut, dass auch die Spieler der oberen Bretter die Köpfe recken . Ich bin sprachlos. Ein Mannschaftskamerad des Schläfers pufft mit dem Handrücken den Oberarm seines Kollegen, der – nur leicht irritiert – die Partie fortsetzt.

Auf dem Weg zur Toilette frage ich meinen Mannschaftskollegen, wie die Bundesturnierordnung einen solchen Fall beurteilt. „Ich bin mir nicht sicher“, sagt er.“ Ich vermute, die BTO sagt, dass man bis zu einer Anstupstiefe von 2 cm den Spieler aufmerksam machen darf!“

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Im Märzen der Bauer …

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