Wie schon seit vielen Jahren in treuer Tradition fuhr ich auch diesmal zum INTERNATIONALEN GOCHER OPEN, das zum 27.Mal ausgerichtet wurde. Erklärtes Ziel : Langsam das Schachgift ausschleichen und die „Schachbühne“ nur noch sporadisch betreten. Die Mißerfolge der letzten Monate in Verbindung mit der notwendigen Einsicht, dass Kraft, Konzentration und Ideenstärke im Alter zwangsläufig nachlassen und der bisherige Zeitaufwand für diese Droge in keinem Verhältnis zu den mageren Ergebnissen stehen, ließen mich die Reißleine ziehen. DWZ klar unter 1900 , ELO unter 2000 . Und dann noch im letzten Gocher Open die Krönung: ein 118.PLatz bei ca 160 Teilnehmern.
So startete ich recht vergnügt und „ergebnisoffen“ die 1.Runde, um noch einmal die vortreffliche Atmosphäre und die optimalen Bedingungen zu genießen.Im Vordergrund das Treffen von alten Bekannten, das notwendige Gewitzel mit den Turnierleitern und natürlich das Geschwafel von einem angestrebten Mannschaftspreis mit meinen Kumpanen aus dem Uedemer Schachklub.
Im Aufgalopp gegen einen schwächeren Gegner fiel mir recht schnell eine feindliche Figur in die Hände und dann auch noch sein König. Nächster Gegner der starke Däne Tommy B.Schmidt, gegen den ich chancenlos herumstocherte bis ich endlich aufgeben durfte. Als Belohnung dann wieder eine lösbare Aufgabe, die ich zwar holprig, dann aber doch irgendwie erledigte. In der 4.Runde hatte ich es mit Patrick Terhuven (Krefeld) zu tun, der mit jugendlicher Frische in aller Coolness meine kleinen taktischen Pseudodrohungen negierte und seinen sehr weit entfernten Freibauern auf die Reise schickte und mühelos gewann.
Mit 2:2 Punkten war ich auf gewohntem Kurs : Billige Siege gegen Schwächere , Chancenlosigkeit gegen Stärkere.
In der 5.Runde endlich ein Spielpartner in meiner Augenhöhe : Egon Klaus (Viersen ). Mit Weiß werkelte ich ein wenig herum, um auf Umwegen doch noch mein Französisches Flügelgambit aufs Brett zu bekommen. Nach 28 . Dd2 entstand diese Stellung:
Droht natürlich vordergründig die Eroberung des schwarzen Bauern b7 mit anschließendem Gewinn des Bauern a6, ohne dass Schwarz sich auf c3 bedienen kann. Mein Ex – Mannschaftsführer Uwe H. betrat in dieser Situation die Kampfzone. Dies beflügelte meine Rechnerei und Kombinationslust. Nimmt Schwarz nun auf h5, dann wollte ich mit Lxh6 + eindrucksvoll den Sieg einfahren. Mir schwoll der Schädel , zumal ich nicht so recht erkennen konnte, wie ich die geopferte Figur zurückgewinnen kann oder ein Matt erzwingen könnte. Nach einer halben Stunde wars dann soweit: Es folgte wie erwartet
28… Lxh5. Schon wollte ich zum schnöden Sxb7 zurückkehren, da riß ich mich zusammen, erinnerte mich an meine „Abschiedstour“ und rasselte den Läufer nach h6.
Also 29.Lxh6+ Sxh6 . Ansonsten verliert Schwarz durch Abräumen der Bauern.
Jetzt muß Weiß den Beweis antreten, dass auch ohne Figurenrückgewinn die Kombination korrekt ist. Die meisten „schönen“ Kombis meiner Laufbahn waren komplett hirnrissig und vor allem in den letzten Monaten schon fast peinlich anzusehen. Eigentlich hatte ich mir nach der DVD – Lehrstunde mit NIGEL DAVIS , der dem älteren Schachfreund dringend empfiehlt, einfache Eröffnungssysteme und vor allem langweilige , ruhige Stellungen anzustreben, um gegen jüngere (theoriegewaltige) Spieler bestehen zu lönnen.(„How to beat younger Players“) geschworen, diesen Tipps zu folgen. Nur dann könne der Alte mit seiner Routine und seinem besseren Schachverständnis erfolgreich sein?! Ich bin da skeptisch…Gerade in „ruhigen“Stellungen zeigt sich m.E., wie überlegen die heutigen Traingsmethoden der jungen Spieler oft sind. Wer in Goch das Bühnengeschehen verfogt hat, der sah fast nur Kinder und Jugendliche dort sitzen, die keineswegs als Heißsporne auf ihre Gegner losgingen.
Zurück zur Partie: 30. Dg5 + . Um sich auf den Beinen zu halten, versucht Schwarz die Figuren zusammen zu halten.
Also 30…Lg6 . Nun kann die Chose nur noch mit dem Joker Sc5 beendet werden.
Nach 31.Se6+ klammert sich der schwarze König sicherlich an den Randspringer, so dass – optisch gesehen – nur 2 Angreifer gegen 4 Verteidiger übrig bleiben. Doch die beiden Rappen stehen sich irgendwie im Wege, verstopfen eher die Fluchtwege.
Freund Uwe sah natürlich,wie es weiter gehen könnte. Ich hatte allerdings immer noch Sorge (aus Erfahrung) dass ich irgendetwas übersehen haben könnte.
Nun folgt der Abschluß:
32. Df6 ! 1 :0
Kurioserweise kann nur die schwarze Dame das drohende Matt auf g7 decken. Auf 32…Dg8 folgt 33.Sg5 matt. Auf 32…Dh8 folgt natürlich 33.Dxe7+ mit nachfolgendem 34.Kd2 (oder auch etwas snobistisch 34.0-0-0) . Und auch 32…Df7 nützt nichts wegen 33.Sg5+ mit Damenverlust.
Nun gabs natürlich wieder entsprechend einen starken Gegner: Der Bremer Olaf Giel (ELO 2170) hatte allerdings einen Blackout, der nach 12 Zügen die Partie beendete.:
Weiß. Groß Schwarz: Giel, Olaf
1.e4 c5 2.Sf3 d6 3. d4 cxd4 4.Dxd4 Sc6 5.Lb5 Ld7 6. Lxc6 Lxc6 7.Sc3 Sf6 8.Lg5 bis hierher Altbekanntes . Sein nächster Zug war für mich neu: 8…Da5.Normalerweise geht’s weiter mit 8…e6 und anschließender langer Rochade von Weiß mit „verteilten“ Chancen. Hier entschied ich mich für 9.0-0. Sein nächster Zug machte mich stutzig: 9…Sd7.
Ins Auge fällt die geklemmte Position des schwarzen Läufers auf c6. Am liebsten hätte ich gleich 10.b4 gespielt und ein lockeres 11.b5 folgen lassen, doch Zwischenzüge können die Sache komplizieren.
Auf jeden Fall lohnt es sich, die Nagelprobe zu machen.
Also 10. b4 Nun ist 10…Da6 wegen 11.a4 sicherlich mehr als unbequem für Schwarz. Deshalb entscheidet er sich für 10…e5. 11.Dc4 . An dieser Stelle griff der Bremer mächtig daneben mit 11…Da3??
Es folgte natürlich 12.Lc1 und auf 12…Sb6 13.Dxc6 + mit Mehrfigur 1 : 0
Nach diesem Lucky Punch konnte ich entspannt in die letzte Runde gehen, da ich mein Soll schon übererfüllt hatte. Mein Gegner Peter Winkel (ELO ca 2170) aus Krefeld. Stundenlang am Abgrund taumelnd gelang mir durch Zugwiederholung noch ein schmeichelhaftes Remis. Am Ende Platz 28 von 163 Teilnehmern… Sieger wurde wieder einmal der Haudegen K.H.Podzielny. Weitere Infos unter: http://www.gocher-open.de/index.php/de/