Alter Springinsfeld

Seit fast unglaublichen 60 Jahren spiele ich Schach. Dabei geht es mir im Vergleich zu anderen Schachsenioren noch einigermaßen gut. Der sportliche Abstieg jedoch ähnelt einem stetigen Verkalkungsprozess, einhergehend mit leichtem Frust und doch auch seltsamen Nostalgieschueben.Ja früher war fast alles besser, vor allem die INGO – DWZ – und ELO Zahlen.Was tun? Aufhören ? (wenn es am schlimmsten ist?) Nein! Und nochmal Nein!

Sanft entschlossen probierte ich zeitweise , die von mir gewohnten Eröffnungssysteme abzulegen, vor allem die risikobehafteten Gambits. Traue meinem Gedächtnis nicht mehr gänzlich und verliere neuerdings den roten Faden und natürlich auch die Partie. Deprimierend auch der Versuch, mich in ein Doppelfianchetto einzunisten und auf Fehler des Gegners zu warten.Die alten Rezepte will ich über Bord werfen und schicke mich an, ein ziemlich skurriles Eröffnungssystem (mit Weiß) als Rettungsmöglichkeit auszuprobieren.

Letzte Woche die Generalprobe: Ich betrat den Spielsaal , setzte mich an Tisch 2, schraubte – mittlerweile nicht nur bei Profis Gewohnheit – die weißen Figuren schön einzeln in ihre Felder.

Kleiner Rundgang , Smalltalk und freundliche Witzeleien. In Gedanken schwankte ich noch ein wenig , wie ich tatsächlich eröffnen sollte, zumal mein Gegner recht spielstark ist. Zurück zu meinem Brett. Ich sehe plötzlich an der gegenüberliegenden Wand ein imposantes Bild , leicht links von unserem Brett.

Welch ein Zeichen an der Wand! Also mit leicht geschwellter Brust: 1. Sc3 !

Tatsächlich kam ich gut in den Parcours und fühlte mich leicht beschwingt.Doch allmählich wurden die Hindernisse immer anspruchsvoller. Ich drohte zu stürzen, konnte mich dann doch noch knapp im Sattel halten. Glückliches Remis!

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert